Maßnahme – Anonyme Meldestelle für Diskriminierung und Belästigung
Kurz & Knapp
Was? Die Einrichtung einer vertraulichen und anonymen Anlaufstelle ermöglicht es Mitarbeitenden, sich bei Fällen von Diskriminierung, sexueller Belästigung oder anderen Grenzverletzungen sicher und ohne Angst vor Konsequenzen an das Unternehmen zu wenden.
Warum ist das eine gute Maßnahme? Eine anonyme Meldestelle ermöglicht es Mitarbeitenden, Diskriminierung oder Belästigung sicher und vertraulich zu melden – ohne Angst vor persönlichen Konsequenzen. Das senkt die Hemmschwelle, Vorfälle überhaupt zur Sprache zu bringen, und signalisiert klar, dass das Unternehmen Grenzverletzungen nicht duldet. Solche niederschwelligen Anlaufstellen schützen das Betriebsklima, beugen Eskalationen vor und geben Führungskräften die Chance, frühzeitig und angemessen zu reagieren. Studien zeigen: Wo sichere Meldestrukturen existieren, fühlen sich Mitarbeitende deutlich geschützter – und die Unternehmenskultur profitiert messbar.
Schritte zur Einführung im Unternehmen
1. Bedarf ermitteln und Rahmenbedingungen klären
Starten Sie mit einer Analyse:
- Klären Sie, ob eine interne Meldestelle mit geschultem Personal eingerichtet werden kann oder ob eine externe Lösung – etwa über eine Ombudsperson oder ein spezialisiertes Dienstleistungsunternehmen – geeigneter ist.
- Berücksichtigen Sie dabei Unternehmensgröße, Datenschutzanforderungen und vorhandene Ressourcen.
2. Technische Umsetzung und Anonymität gewährleisten
Sorgen Sie für eine sichere, DSGVO-konforme Infrastruktur:
- Nutzen Sie z. B. ein digitales Hinweisgebersystem, ein anonymes Online-Formular oder eine externe Hotline.
- Wichtig: Stellen Sie sicher, dass keinerlei Rückverfolgung über IP-Adressen, Cookies oder Metadaten möglich ist.
3. Klare Prozesse und Verantwortlichkeiten definieren
Gestalten Sie einen nachvollziehbaren Umgang mit Hinweisen:
- Legen Sie fest, wie und durch wen Hinweise geprüft werden, wer Zugang zu den Informationen hat und wie Betroffene geschützt werden.
- Dokumentieren Sie die Abläufe – inklusive Fristen zur Rückmeldung und Maßnahmenverfolgung.
4. Kommunikation und Sensibilisierung
Schaffen Sie Vertrauen in die Meldestelle:
- Kommunizieren Sie offen über Zweck und Funktionsweise – z. B. im Intranet, bei Onboardings oder im Rahmen von Schulungen.
- Stellen Sie klar: Meldungen werden ernst genommen, professionell bearbeitet und ziehen keine Nachteile für die meldende Person nach sich.
Wer sollte eingebunden werden?
Geschäftsführung, Personalabteilung, Betriebsrat, (externe) Ansprechpersonen für Gleichstellung, Diversity oder Compliance, IT-Abteilung (im Zuge einer datenschutzkonformen technischen Umsetzung)
Mögliche Stolpersteine & Tipps
Misstrauen gegenüber tatsächlicher Anonymität
Viele Beschäftigte fürchten, dass Hinweise doch zu ihnen zurückverfolgt werden können.
Unser Tipp:
Nutzen Sie zertifizierte Systeme, die vollständige Anonymität garantieren (z. B. Whistleblowing-Systeme mit EU-Richtlinienkonformität) und kommunizieren Sie diese klar.
Bleiben Hinweise folgenlos, sinkt das Vertrauen in die Maßnahme
Wenn gemeldete Fälle “versanden“, verliert das System an Glaubwürdigkeit.
Unser Tipp:
Etablieren Sie einen strukturierten, dokumentierten Bearbeitungsprozess. Kommunizieren Sie regelmäßig – etwa in anonymisierten Fallberichten – wie Meldungen bearbeitet und gelöst werden.
Fehlende Schulung der Ansprechpersonen
Wenn Hinweise unprofessionell bearbeitet werden, kann das mehr Schaden anrichten als helfen.
Unser Tipp:
Schulen Sie Ansprechpersonen in Gesprächsführung, rechtlichen Grundlagen und Schutzmechanismen – idealerweise mit externer Unterstützung (z. B. durch Antidiskriminierungsberatungsstellen).
Erfolgsfaktoren zur nachhaltigen Verankerung
- Vertraulichkeit garantieren: Die Meldung muss jederzeit anonym möglich sein – sowohl technisch (z. B. über sichere Online-Systeme) als auch organisatorisch. Nur so entsteht das notwendige Vertrauen, dass Hinweise ohne Risiko geteilt werden können.
- Verbindliche Standards festlegen: Für die Bearbeitung von Vorfällen braucht es klare, einheitliche Abläufe – unabhängig davon, in welchem Bereich oder auf welcher Hierarchieebene etwas passiert. Transparente Prozesse schaffen Verlässlichkeit und verhindern Willkür.
- Kultur des Hinsehens fördern: Führungskräfte und Mitarbeitende sollten gezielt für das Thema sensibilisiert werden – etwa durch Schulungen oder Awareness-Kampagnen. Nur in einem Umfeld, in dem Hinschauen und Ansprechen ausdrücklich gewünscht sind, kann eine solche Maßnahme ihre Wirkung entfalten.
- Regelmäßige Evaluation sicherstellen: Das System sollte kontinuierlich überprüft und angepasst werden – zum Beispiel durch anonyme Feedbackmöglichkeiten oder regelmäßige Auswertungen. So bleibt die Anlaufstelle wirksam, lernfähig und nah an den Bedürfnissen der Mitarbeitenden.
Ressourcen
- Wissensimpulse:
- Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2006): „Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)“
- Ernst & Young (2024): Studie „European DEI-Index“
- Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2022): Studie „Der Schutz vor Diskriminierung und die Förderung personaler Vielfalt im Arbeitsleben“
- EU-Hinweisgeberschutzrichtlinie: „Whistleblower-Richtlinie“
- Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2022): „Leitfaden Beratung bei Diskriminierung: Erste Schritte und Weitervermittlung“
- Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2024): „Was tun bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz? Leitfaden für Beschäftigte, Arbeitgeber und Betriebsräte“
- Externe Plattformen zur DSGVO-konformen, anonymen Meldung mit Beratungsangeboten:
- Legal Tegrity
- Speak Up
- EQS Integrity Line
- NAVEX